Hirnwurst: Alleinstellungsmerkmal der Bayern

Darum geht es: FDP lehnt nachdrücklich den Erlass von Studiengebühren ab und wird erst durch ein Volksbegehren zwangsumgestimmt

„Nenn mi Du ois, aber nenn mi Du koan Studenten net“ polemisierte Sigi Zimmerschied in einem seiner Kabarettprogramme der 80er Jahre, um mit dem Lachen des Publikums zu bestätigen, dass der Student in Bayern primär als Schimpfwort und sekundär als Synonym für einen Nichtsnutz gilt.

Nun haben die Bayern zwischenzeitlich aber lernen müssen, dass „Laptop und Lederhose“ als Sinnbild für den Zukunftswillen des Freistaates abseits der oberbayerischen Viehtränken imagefördernd wirken. Allerdings kann ein Laptop von der Hose aus nur selten adäquat genutzt werden, geht man über die einschlägigen Seiten des Internets hinaus. Der gamsgebärtete Filzhut gehört dazu. Der Hut muss aber nicht nur einen Schädel bedecken, sondern im Schädel muss auch noch etwas drinnen sein. Um mit Windows 8 mehr als Bildschirmstreicheleien zu unternehmen braucht es ein Hirn, das zu mehr taugt, als als Substrat für eine zünftige Hirnwurst.

Woher aber kriegt der Freistaat seine akademisch gebildeten Fachkräfte her? Zum innerdeutschen PISA-Vergleich titelt der Spiegel: „Bayern ist der Musterschüler“ und „dringt sogar in die Weltspitze vor“. Zumindest gefühlt haben die Bayern ja das schwerste Abitur, die profiliertesten Hochschulen und die begehrtesten Universitäten. Also alles kein Problem, oder?

Aber: „Wos nix kost is nix wert“ sagt der Bayer und so ist Bayern für die Herdprämie ebenso wie für die Studiengebühren. Den Kleinsten soll die Wertschätzung des Freistaates durch Überweisung in jedem Fall bargestellt werden, auch wenn Sie krippenverwaist daheim bei Mama oder Papa bleiben. So sollen in Bayern auch hochbegabte Projektkinder, deren Eltern sich persönlich der ganzheitlich-tantrisch-mathematischen Früherziehung widmen, wie auch antropophilisierte ADHS-Sprösslinge, die für ihre sozialpädagogisch anstudierten Eltern den Namen tanzen können, in den Genuss des heimfamiliären Betreuungsgeldes kommen.

Die Großen Kinder sollen dagegen ihre Wertschätzung für die Bildung ausdrücken, indem sie zahlen, damit sie studieren dürfen. Nur noch zwei Bundesländer erheben aktuell Studiengebühren und der bayerische Wissenschaftsminister bringt es auf den Punkt, wenn bald nur noch in Bayern den Immatrikulations-Obolus erhebt: Die Bayern können dazu „selbstbewusst sagen: Das ist ein Alleinstellungsmerkmal“.

Bluadige Hennakepf, dass die FDP jemals einen Minister in Bayern stellt hätte vor einigen Jahren ja niemand gedacht. Dass es die freiheitlich-demokratischen Ministranten dann aber in nur einer Legislaturperiode schaffen, sich derart an den traditionell-bayerisch-inzestuösen Regierungstil zu adaptieren, dass selbst Horst Seehofer visionär-messianisch gegen sie wirkt, bedarf der Anerkennung. Obacht Bayern-CSU, die Wahlen kommen. Wenn Ihr da noch mithalten wollt, um die FDP irgendwann doch wieder loszuwerden, müsst Ihr so was mit eigenen Alleinstellungsmerkmalen toppen. Es muss ja nicht der Wiedereinstieg in die Kernenergie sein, damit haben die meisten sowieso schon lange gerechnet. Aber gebt doch z.B. dem Hochadel wieder Amt und Würden mit Gloria als Landesmutter oder führt doch wenigstens die Ablassbriefe wieder ein. Endlich eine Methode um Bankenpleiten von den Geschädigten selbst finanzieren kann. Wer frei von Schulden, der werfe den ersten Euro.

Natürlich könnte man stattdessen auch Schüler und Studenten für die Ausbildung entlohnen, zumindest, wenn ihre Familien nicht genug Geld haben, ihnen dieselbe zu finanzieren – als alternatives bayerisches Alleinstellungsmerkmal sozusagen. Aber so weit wollen wir mal nicht denken. Da käme am Schluss vielleicht sogar noch zu viel sinnvoll nutzbares Hirn zusammen, so dass der Nachschub für die Hirnwurscht ausgeht. Aber wer wählt dann noch die FDP?

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